Beim automatisierten Fahrbetrieb (Automatic Train Operation = ATO) wird die Zugsteuerung teilweise oder ganz vom Fahrtrechner übernommen. Dabei gibt es vier Grade der Automatisierung (Grade of Automation, GoA): Auf den unteren Stufen (GoA 1) werden Teilbereiche automatisiert – während auf der obersten Stufe (GoA 4) alles autonom funktioniert.
ATO GoA2 kann als Assistenzsystem für das Lokpersonal im Sinne eines Tempomats beim Auto verstanden werden: Das Lokpersonal im Führerstand, überwacht die Systeme und greift bei Bedarf ein. Mit ATO GoA2 entfallen für das Lokpersonal das manuelle Beschleunigen und Bremsen. Dank der Nutzung von Echtzeitdaten des Traffic Management Systems wird ein energie-, respektive fahrzeitoptimales Fahrprofil automatisch umgesetzt und die Fahrweise flüssiger. Zusätzlich kann die Haltegenauigkeit am Perron erhöht werden.
In geschlossenen Systemen (Metro/U-Bahn) sind Lösungen für automatisiertes Fahren längst Realität. Dabei geht es nicht um die Abschaffung des Lokpersonals, sondern darum, den Verkehrsfluss signifikant zu verbessern, wenn ein Ausbau kaum mehr möglich ist. Nur so kann die Kapazität gesteigert werden.
Was das automatisierte Fahren betrifft, so geschieht das nicht von heute auf morgen. Auf dem Weg sollen die priorisierten Anwendungsfälle (Zielbild) pilotiert werden. Bevor auf einer Vollbahn an einen Einsatz von automatisch fahrenden Zügen im Linienbetrieb gedacht werden kann, müssen noch viele technische, infrastrukturseitige und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Solche Konzepte müssen zuerst von den folgenden Generationen der Gesellschaft und der Politik getragen und auch finanziert werden. Ein erster Schritt, d. h. eine Vorstufe von ATO (Automatic Train Operation) werden Assistenzsysteme sein.
Mit ATO nutzt die Bahnbranche die Digitalisierung und das Potenzial neuer Technologien, um die Kapazität bei gleicher Sicherheit weiter zu erhöhen, die Bahninfrastruktur effizienter zu nutzen, Kosten zu sparen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn langfristig zu erhalten.
Auf absehbare Zeit ist es unwahrscheinlich, dass führerlose Züge im kommerziellen Betrieb des Schweizer Bahnsystems eingesetzt werden. Nach heutigem technischem Stand können sie mittelfristig für Rangierfahrten oder Zugabstellungen wirtschaftlich eingesetzt werden, aber kaum im kommerziellen Fahrgastbetrieb.
Die Kosteneinsparungen sind in erster Linie durch die Reduktion von weiteren Ausbauten gegeben. Wobei im Rahmen der Pilotprojekte neben der technischen auch die wirtschaftlichen Aspekte untersucht werden. Daher ist es derzeit noch nicht möglich, konkrete Zahlen zu kommunizieren.
Die Sicherheit der Reisenden wird weiterhin dieselbe bleiben. ATO-Systeme werden auf den heutigen Zugbeeinflussungssystemen aufgebaut. Nach wie vor überwachen Zugbeeinflussungssysteme wie ETCS L1LS, ETCS L2 oder ZBMS die Zugfahrt und somit die Handlungen von ATO respektive dem Lokpersonal und greifen gegebenenfalls ein.
European Train Control System, (Deutsch: Europäisches Zugbeeinflussungssystem), ist ein Zugbeeinflussungssystem und grundlegender Bestandteil des einheitlichen europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS (European Rail Traffic Management System). ETCS soll langfristig die verschiedenen Zugbeeinflussungssysteme in Europa ablösen und ist das Zielsystem, welches durch die ERA (European Railway Agency) festgelegt wurde.
Nein. Mit ATO sollen die Preise nicht steigen; angestrebt wird die Steigerung der Kapazität und eine exaktere Fahrweise. Durch die neue Technologie entstehende Kosten sollen dementsprechend durch Kapazitätssteigerungen ohne bauliche Erweiterung der Bahninfrastruktur kompensiert werden.
Es wird erwartet, dass sich die Pünktlichkeit mit ATO verbessert, wobei dies im Rahmen der Pilotprojekte überprüft wird. Eine Verbesserung der Pünktlichkeit kann durch eine präzisere Fahrweise von ATO erreicht werden, wobei ATO in der Lage ist, Fahrempfehlungen aus dem Traffic Management System (TMS) in kürzester Zeit umzusetzen. Damit können Optimierungen, welche Informationen von sämtlichen auf dem Netz verkehrenden Zügen berücksichtigen, effizient umgesetzt werden, womit die Pünktlichkeit verbessert wird. Auf Verspätungen aufgrund von allfälligen technischen Problemen bei den Fahrzeugen oder an der Bahninfrastruktur kann ATO aber keinen Einfluss nehmen.
Stand heute gibt es keine marktreife technischen Lösung die höhere Automatisierungsgrade als GoA 2 für Vollbahnen im Mischverkehr mit freiem Netzzugang erlaubt.
Die Automatisierung im Strassenverkehr ist aufgrund der sehr hohen Stückzahlen für die Industrie im Vergleich zum Eisenbahnverkehr viel attraktiver. Die Entwicklungskosten können auf sehr grosse Stückzahlen übertragen werden.
Durch Automatisierung von Rangierfahrten kann die Attraktivität des Berufsbilds, sowie die Produktivität des Lokpersonals erhöht werden. Durch die entstehende Flexibilisierung von Abstellfahrten kann der Ausbau- oder Neubaubedarf von Abstellanlagen reduziert werden. Dies ist nicht nur kostensparend, es können auch konkrete Beiträge zum Klima- und Landschaftsschutz geleistet werden.
Es ist denkbar, dass mit den Erkenntnissen aus den Pilotprojekten, Fahrassistenzsysteme eingeführt werden (bis GoA 2). Dies um die Pünktlichkeit und Haltegenauigkeit zu optimieren oder die Kapazität der Infrastruktur ohne Baumassnahmen zu verbessern.
Mit der Automatisierung können die Tätigkeiten des Personals noch mehr auf die Kundschaft ausgerichtet werden. Damit kann ein durch die demografische Entwicklung langfristig vorhersehbarer Personalmangel zumindest abgefedert werden. Aufgrund vieler Pensionierungen und Angebotserweiterungen wird der Bedarf an Fahrpersonal auch in Zukunft hoch bleiben und möglicherweise sogar grösser werden.
ATO reduziert die direkte Steuerung des Zuges durch den Lokführer. Seine Aufgaben verlagern sich mehr auf Überwachung, Notfallmanagement und Eingreifen, falls das automatische System Unterstützung benötigt. Dadurch wird die Arbeitsbelastung in Bezug auf die Zugsteuerung verringert, aber die Verantwortung bleibt hoch. Mehrere Pilotprojekte untersuchen diese Veränderung.
Ja, in ATO-Systemen der Stufen GoA 1 und 2 kann der Lokführer jederzeit die Kontrolle übernehmen. Bei Systemen der Stufen GoA 3 und GoA 4 wird der Zug überwiegend oder vollständig autonom betrieben, aber Notfallsteuerungen bleiben auch hier möglich.
Der Lokführer und das ATO-System (bei GoA 1 und 2) arbeiten zusammen, indem das System den Zugbetrieb übernimmt, während der Lokführer über Monitore und Kontrollsysteme die Fahrt überwacht und bei Unregelmässigkeiten eingreifen kann. Der Lokführer bleibt ein wesentlicher Teil des Sicherheitskonzepts.
Ja, die Schulung und Ausbildung von Lokführern müssen erweitert werden, um den Umgang mit ATO-Systemen, technischen Fehlerbehebungen und Überwachungstechniken zu umfassen. Lokführer müssen lernen, wie sie das ATO-System überwachen und wann ein manuelles Eingreifen notwendig ist.
Die benötigte Ausrüstung von Zügen, beispielsweise mittels Sensoren, Kameras, etc. um Gefahren wie Hindernisse zu erkennen ist Gegenstand von Pilotprojekten. Dazu besteht noch kein technischer Standard. Für die Veränderung hin zur Automatisierung gelten die bekannten Regeln, des Nachweis gleicher Sicherheit.
Der Fahrgast sollte keinen Unterschied bemerken, ob ein Zug durch geschultes Personal oder durch ATO betrieben wird.